„Umfassende Transparenz und klare Kostenstruktur“ - das sind zwei von sieben Gründen, mit denen der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) in einer Broschüre für Investmentfonds als Kapitalanlage wirbt. Ist ja auch seine Aufgabe, immerhin vertritt der BVI als Branchenverband die Interessen der in Deutschland ansässigen Fondsgesellschaften. Doch wie so oft in der Werbung steht bei näherer Betrachtung hinter scheinbar stichhaltigen Argumenten am Ende ein großes Fragezeichen.

Auf den ersten Blick scheint der Fall klar zu sein: Ausgabeaufschlag, Verwaltungsgebühr und die Gebühren der depotführenden Hausbank sind die Gebührenposten, die es beim Kauf von Fondsanteilen zu vergleichen gilt.

Auf Ausgabeaufschlag und Hausbank-Depotgebühr hat der Anleger Einfluss. Mit dem Kauf der Fondsanteile über einen Discountbroker oder die Börse lässt sich der Ausgabeaufschlag deutlich senken oder sogar ganz auf Null drücken. Auch die Depotgebühr der Hausbank kann durch einen Wechsel der Bank wegfallen, weil einige Direktbanken auf diese Gebühr komplett verzichten.

 

TER: Transparenz mit Placebo-Effekt

Doch die anderen Fondsgebühren sind nicht nur unveränderbar, sondern überdies auch schwer zu vergleichen. Ein kurzer Blick ins Factsheet eines Fonds zeigt zwar die Verwaltungsgebühr, und darüber hinaus weisen Fondsgesellschaften – man ist ja transparent – die Total Expense Ratio (TER) als Gesamtkostenquote aus. In der TER sind neben der regulären Verwaltungsgebühr unter anderem die Vergütung für die Depotbank der Fondsgesellschaft, die Honorare für den Wirtschaftsprüfer und die Kosten für den Druck der Fondsberichte enthalten.

Allerdings bleiben trotz TER-Ausweis die Fondsgebühren eine Black Box, denn mit den erfolgsabhängigen Gebühren und den Handelsgebühren für die fondsinternen Wertpapiertransaktionen fehlen bei deren Ermittlung zwei wichtige Posten.

Die erfolgsabhängigen Gebühren, die auch als „performance fees“ bezeichnet werden, sind in den vergangenen Jahren bei den Fondsanbietern immer beliebter geworden. Je nach Fonds ist die Messlatte entweder ein Zinssatz oder ein Aktienindex. Gelingt es dem Fondsmanager, die Messlatte zu überspringen, dann darf die Fondsgesellschaft einen Teil dieser Überrendite für sich behalten. Je nach Anbieter und Fonds zweigt die Investmentgesellschaft bis zu 25 Prozent des Mehrertrags als Erfolgsgebühr ab.

 

Performance fee lädt zum Tricksen ein

Eigentlich eine faire Lösung – wenn nicht so mancher Anbieter tricksen würde, um für sich selbst den maximalen Ertrag herauszuholen. Ein paar Beispiele:

  • Wenn der Fonds schlechter abschneidet als der Vergleichsindex, werden die Verluste nicht auf die Folgejahre vorgetragen, und beim ersten Mehrertrag kann die Fondsgesellschaft gleich wieder zuschlagen. Das tun laut Stiftung Warentest unter anderem Allianz Global Investors, Deka, DWS und Union Investment. Die faire Lösung wäre eine „High Watermark“ (Hochwassermarke), bei der erst dann wieder Erfolgsgebühren verlangt werden dürfen, wenn die Unterrenditen früherer Zeiträume komplett aufgeholt sind. Ganz nebenbei: In der Schweiz werden Fonds mit Performancegebühren ohne eine solche Regelung nicht zum Vertrieb zugelassen. In Deutschland dagegen schon.
  • Die Einführung einer variablen Gebühr wäre fair, wenn im Gegenzug die fixe Verwaltungsgebühr gesenkt werden würde. Doch häufig ist das Gegenteil der Fall. So hat beispielsweise zum Jahresbeginn Allianz Global Investors die Verwaltungsgebühr für die beiden Aktienfonds „Allianz RCM Aktien Deutschland“ und „Allianz RCM Aktien Europa“ von 1,25 % auf 1,35 % erhöht und gleichzeitig die Erfolgsbeteiligung eingeführt. Doppelt kassiert hält besser.
  • Differenzen zwischen Messlatte und Fondsinhalt: Der bereits erwähnte „Allianz RCM Aktien Deutschland“ verwendet den DAX als Messlatte, weist jedoch im letzten Rechenschaftsbericht zu über 30 Prozent Aktien aus, die nicht im DAX gelistet sind. Noch krasser: Beim laut Verkaufsprospekt mindestens zu zwei Dritteln in Aktien investierenden „World Opportunities“-Fonds von Oyster kassiert die Fondsgesellschaft 10 Prozent Prämie, wenn der Wert der Fondsanteile steigt – in steigenden Märkten ist das ganz ohne Managementleistung die Lizenz zum Gelddrucken.

Bietet schon die erfolgsabhängige Vergütung reichlich Gelegenheit zum Werfen von Nebelkerzen, wird es bei den fondsinternen Transaktionskosten zappenduster. Dieser Kostenfaktor gilt als eines der wohlgehüteten Geheimnisse der Fondsbranche und entbehrt nicht einer gewissen Brisanz. Denn: Investmentgesellschaften sind oftmals Tochtergesellschaften von Großbanken und führen das Depot bei der Konzernmutter – da ist die Versuchung groß, über die Handelsgebühren zu Lasten der Fondsanleger Gewinn für die Bank zu generieren.

 

Versteckte Handelsgebühren verdoppeln die Kostenbelastung

Einen kurzen Blick hinter die Kulissen durften im Jahr 2007 eine Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern werfen, die bei gut 1.700 US-Aktienfonds die Handelsgebühren analysierten. Im Schnitt, so das Ergebnis, kostet das Kaufen und Verkaufen von Aktien pro Jahr auf Fondsebene 1,44 Prozent – und man darf getrost annehmen, dass seitdem die Gebühren eher gestiegen als gefallen sind.

http://www.fondsprofessionell.de/redsys/searchText.php?offset=&beginDate=2006-10&endDate=2010-07&sort=dDo&kat=&sws=ric%20edelman&sid=467882

Allein schon die Addition „TER plus vermutete Handelsgebühren“ lässt darauf schließen, dass die tatsächlichen laufenden Gebühren bei Aktienfonds häufig höher als 3 % und damit doppelt so hoch wie offiziell ausgewiesen sind. Kommen noch erfolgsabhängige Gebühren hinzu, ist schnell auch mal die 5 %-Grenze überschritten.

Damit erscheint die Tatsache, dass ein großer Teil der Fondsmanager langfristig dem Vergleichsindex hinterherhinkt, in einem anderen Licht. Das Problem sind weniger vermeintlich inkompetente Fondsmanager, sondern die immensen Kostennachteile, die erst einmal durch Überrendite – oft in Verbindung mit riskanten Anlagestrategien – kompensiert werden müssen. Solange die Fondsgesellschaften keine Klarheit schaffen und die kompletten Kosten offenlegen, brauchen sich die Verantwortlichen nicht wundern, dass sich skeptische Anleger lieber für die mit klarer Kostenstruktur und niedrigen Gebühren ausgestatteten Indexfonds entscheiden.

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